Gefördert wird das Vorhaben mit rund sechs Millionen Euro von der renommierten britischen Stiftung Wellcome Trust. Ziel des Projekts ist es, die zugrunde liegenden neuronalen Mechanismen zu entschlüsseln und daraus neue, gezielte Therapieansätze zu entwickeln.
Denken aus dem Takt
Bei Schizophrenie zeigen viele Betroffene das sogenannte „Jumping to Conclusions“-Phänomen: Entscheidungen werden vorschnell getroffen und kaum hinterfragt. Bei Zwangsstörungen wiederum überwiegt das Gegenteil – Betroffene sammeln exzessiv Informationen und zögern Entscheidungen so lange hinaus, dass sie handlungsunfähig werden. Beide Strategien sind Ausdruck gestörter kognitiver Prozesse, die bislang in der klinischen Praxis kaum gezielt behandelt werden.
Neuer Forschungsansatz mit translationaler Perspektive
Unter Leitung von Prof. Dr. Tobias Hauser von der Klinik für Allgemeine Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Tübingen verfolgt das Team einen innovativen Forschungsansatz: Mithilfe funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) sollen jeweils 150 Patientinnen und Patienten mit Schizophrenie und Zwangsstörungen untersucht werden – so entsteht der bislang größte Datensatz zu diesen spezifischen Entscheidungsprozessen.
Parallel dazu werden in Mausmodellen die Rolle des Botenstoffs Dopamin und dessen Einfluss auf neuronale Entscheidungsnetzwerke erforscht. So lassen sich biologische und computergestützte Erkenntnisse miteinander verbinden und in die klinische Entwicklung überführen.
Klinische Umsetzung am UKE
Für den klinisch-therapeutischen Teil des Projekts ist das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) unter Leitung von Prof. Dr. Lena Jelinek verantwortlich. Ziel ist es, auf Basis der Forschungsergebnisse neue Behandlungsstrategien zu entwickeln, die gezielt auf die gestörten Entscheidungsmechanismen eingehen und so die Lebensqualität der Betroffenen verbessern.
Internationale Zusammenarbeit
Beteiligt an dem auf fünf Jahre angelegten Forschungsprojekt sind neben dem Universitätsklinikum Tübingen und dem UKE auch das Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik (Tübingen), das National Institute Of Mental Health & Neuro Sciences in Bangalore (Indien) sowie die Fundació de Recerca Clínic Barcelona (Spanien).
Tobias Hauser sagt: „Wir wollen verstehen, warum Menschen mit bestimmten psychischen Erkrankungen Entscheidungen entweder zu schnell oder gar nicht treffen – und daraus therapeutische Strategien entwickeln, die an den Ursachen ansetzen.“